Die große Explosion

Ruinen der Pulverfabrik Blumau
Ruinen der ehemaligen Fabrik; Photo: Der Nostalgiker

Die Einführung des Repetiergewehres in der k.u.k.-Armee bedurfte einer Qualitätssteigerung des in den Patronen verwendeten Pulvers. Damals entwickelte die Firma Dynamit Nobel AG ein neuartiges rauchschwaches Körnchenpulver, welches den neuartigen Anforderungen entsprach. Die Heeresverwaltung kaufte daraufhin im Jahre 1890 das Gut Blumau-Neurißhof, welches nördlich des Pulvermagazins Großmittel lag. Im selben Jahr wurde auf dem 340 ha großen Areal mit den Bauarbeiten einer Pulverfabrik begonnen (“Betriebsinspektion III.”). Unmittelbar daneben entstand gleichzeitig eine weitere Werksanlage zur Erzeugung von Nitrozellulose durch die Firma Dynamit Nobel AG. Nach der Fertigstellung übernahm dies die Heeresverwaltung und gliederte den Betrieb als “Betriebsinspektion II.” ein. 

Größtes Werk der Donaumonarchie

1894 wurde das Werk um eine Nitroglycerinfabrik (“Betriebsinspektion I.”) und 1897 um eine Salpetersäurefabrik (“Betriebsinspektion V.”) erweitert. Um 1900 kam dann noch das Werk zur Erzeugung von Sicherheitssprengstoffen hinzu und aus der anfänglich kleinen Pulverfabrik wurde das größte Werk der k.u.k.-Monarchie für Pulver- und Sprengstofferzeugung. Die Anlage in Blumau wurde danach laufend erweitert und bestand gegen Ende des Ersten Weltkrieges aus sechs Betriebsinspektionen. Im Werk waren zu jener Zeit rund 18.000 Arbeiter beschäftigt. Die Erzeugnisse ergingen an die Munitionsfabriken in Wöllersdorf, Enzesfeld, Hirtenberg, Felixdorf, Lichtenwörth, Sollenau und Leobersdorf. Diese Betriebsgemeinschaft galt als Zentrum der Munitions- und Sprengstoffrüstung der Donaumonarchie.

Im Jahre 1914 wurde eine Trinitrotoluolfabrik (TNT) (“Betriebsinspektion IV.”) [umgangssprachlich Benzol genannt, heute Gemeindegebiet Sollenau] errichtet und ein Jahr später erfolgte die Fertigstellung einer Pikrinsäurefabrik (“Betriebsinspektion VI.”).

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Die große Explosion

Im Jahre 1922 kam es zu einem Brand in der “Betriebsinspektion I.” in der Dynamit- und Dynammonfabrik Blumau. Ursache war ein Brand in einem Läuferwerk. Die ersten Löschversuche der Arbeiter schlugen fehl und so wurde die Berufsfeuerwehr Blumau zu Hilfe gerufen. Während der Löscharbeiten kam es jedoch zu zwei folgenschweren Explosionen, die man übrigens bis nach Wien gespürt haben soll. Dabei wurden Arbeiter, Rettungsleute und Feuerwehrmänner in den Tod gerissen, es stand kein einziges Haus mehr vollständig in Blumau und Umgebung. Rasch kamen Feuerwehren von Wöllersdorf, Leobersdorf, Sollenau, Wiener Neustadt und gar aus Baden zu Hilfe. Hauptmann Josef Friedrich, Karl Reiter, Franz Matejka und ein weiterer Feuerwehrkamerad starben in diesem Einsatz. Insgesamt kamen bei dieser Katastrophe 24 Menschen ums Leben.

Explosion Pulverfabrik Blumau
Auf dem Trümmerfeld nach der Explosion; Photo: FF Blumau

Wir zitieren den Hergang beschrieben durch die FF Blumau:

“Am 25. Mai kommt es in der Betriebsinspektion I, der Dynamit- und Dynammonfabrik zu einem Brand in einem Läuferwerk. Löschversuche der anwesenden Arbeiter schlugen fehl, da bei den Hydranten vor Ort zu wenig Druck vorhanden war. 
Per elektrischer Fernmeldeanlage wurde inzwischen die Berufsfeuerwehr Blumau alarmiert, welche sich sofort mit 7 Mann unter der Führung von Feuerwehrhauptmann Josef Friedrich in Bewegung setzte. In Unkenntnis der Sachlage wurden die ersten Löschversuche mit dem Hydranten durchgeführt, diese schlugen jedoch ebenfalls fehl. 
Sofort nahm die Autospritze bei einem nahegelegenen Wasserbassin Aufstellung und kaum hatte man mit den Löscharbeiten begonnen ereignete sich eine kurze, dann in weiterer Folge zwei große Explosionen. Die Druckwelle erfasste die Mannschaft der BF Blumau mit voller Wucht, 3 Kameraden waren auf der Stelle tot, Kommandant Josef Friedrich wurde schwerst verletzt und verstarb kurz darauf. Die Aufbauten der Autospritze sowie des Rettungswagens wurden durch die Explosion zerfetzt, die restliche Mannschaft lag verletzt unter den Trümmern. 
Die weiteren Löscharbeiten wurden mit größtem Einsatz von der Berufsfeuerwehr Wien, der Betriebsfeuerwehr der Sprengstoffwerke Wöllersdorf sowie von den freiwilligen Feuerwehren in der Umgebung (wie Sollenau, Wr. Neustadt, Baden,...) sowie von der restlichen Mannschaft der BF Blumau durchgeführt. 
Es war ein schwarzer Tag in der Geschichte der Feuerwehr Blumau. Hauptmann Josef Friedrich, Karl Reiter, Franz Matejka und ein weiterer Feuerwehrkamerad starben in diesem Einsatz, ein Beispiel treuer Pflichterfüllung, den sie mit ihrem Leben bezahlen mussten. Ihre Namen stehen noch heute auf einer Gedenktafel am Friedhof Blumau. Insgesamt forderte das Unglück 24 Tote, größtenteils in der Arbeiterschaft!

Wiederaufbau und Deutsches Reich

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Anlage teilweise wieder aufgebaut und in Betrieb genommen. Sie diente als Pulverfabrik für das Bundesheer der Ersten Republik. MIt dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurde die komplette Anlage in Blumau reaktiviert und als Staatsfabrik im Eigentum des Reiches geführt. Die Region um Wiener Neustadt wurde abermals zum dominanten Rüstungszentrum im Wiener Becken. Nach dem Krieg wurde die Produktion nicht mehr aufgenommen, Teile der Anlage wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht zerstört, abgebaut oder demoliert. 

Später entstand aus der ehemaligen Industriesiedlung eine kleine Wohnsiedlung und erhaltene Arbeiterquartiere und Verwaltungsgebäude wurden zu Wohnanlagen umgebaut. Ein weiterer, mittlerweile sehr verfallener und verwachsener Teil der ehemaligen Anlage, befindet sich im Besitz des österreichischen Bundesheeres und wird teilweise noch für Übungszwecke genutzt.

Quellennachweise: geheimprojekte.at; schlot.at; ffblumau.at
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