Von “unzüchtigen Weibspersonen” und “verhurten Sauzimmern”

Mutzenbacher Josefine

Wien um 1900, die Stadt der lasziven Verführung, morbide und düster. Um das sündhafte Wien von damals ranken sich eine Menge Geschichten und Mythen. Eine der bekanntesten Dirnen von Wien soll ja Josefine Mutzenbacher gewesen sein, deren Existenz bis heute nicht wirklich geklärt ist. Aber beginnen wir von Anfang an. Schon im 14. Jahrhundert gab es nachweislich die ersten Bordelle in Wien. Tiefer Graben und Spittelberg sollen damals die Zentren dafür gewesen sein.

Prostitution – das älteste Gewerbe der Welt?



Umgangssprachlich handelt es sich bei der Prostitution um das “älteste Gewerbe der Welt”: Historiker konnten jedoch herausfinden, dass es weitaus ältere Gewerbe gibt, die in Europa bereits im 6. Jahrhundert schriftlich belegt wurden. Zu diesem Zeitpunkt mag es vermutlich auch schon Freudenhäuser gegeben haben, doch waren die dort arbeitenden Damen meist Sklavinnen, und man kann hier ganz und gar nicht von einem Gewerbe sprechen. Dass sich eine Frau aus dem athenischen Bürgerstand freiwillig prostituierte, war undenkbar.

In Wien wurden die ersten Freudenhäuser im Jahre 1395 schriftlich belegt. Bis zur Regentschaft von Kaiser Ferdinand I. (1503 bis 1564) waren Bordelle eine sehr lukrative Erwerbsquelle. Doch der Kaiser untersagte das Treiben der “unzüchtigen Weibspersonen” und richtete eine Keuschheitskommission ein. Bordelle wurde daraufhin geschlossen und Prostituierte fortan geächtet. Es drohten bei Vergehen strenge Strafen, bis hin zur Todesstrafe. Ertappte Frauen wurden meist vor Kirchen durch auspeitschen bestraft, auch das Abschneiden von Gliedmaßen war eine beliebte Methode.

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Anstieg von Syphilisfällen



Etwas später, im 17. Jahrhundert, mischte dann auch die katholische Kirche mit. Der Prediger Abraham a Santa Clara soll gegen diese “verhurten Sauzimmer” gewettert haben wie ein Rohrspatz. Der damalige Kaiser Leopold I. forderte daraufhin eine  Entschuldigung von Abraham a Santa Clara für diese beleidigende Wortwahl. Während Kaiserin Maria Theresia die Keuschheitskommission weiter aufstockte, ging das wilde Treiben in kleinen Spelunken außerhalb der Stadtmauern weiter. Berüchtigt waren die Lokale am Spittelberg. Angeblich soll im Jahre 1778 auch Kaiser Josef II. einmal ein solches Bordell aufgesucht haben.

Im frühen 19. Jahrhundert stieg die Prostitution in Wien sprunghaft an. Es gab bereits die ersten Zuhälter, und die Polizei hatte alle Hände voll zu tun. Daneben kam es zu immer mehr Syphilisfällen. Ab dem Jahre 1873 mussten sich daher alle Prostituierten einer behördlichen Gesundheitsuntersuchung stellen.

Die Geschichte einer wienerischen Dirne



Zuvor, 1852,  wurde das Prostitutionsgesetz verschärft. Damen war es nun untersagt, “auf schamlose Weise aus dem fenster oder vor dem Hausthore Freier anzulocken”, und weiter war es strafbar, wenn sie auf einem “zur Anwerbung von Männern unternommenen Gange betreten wird”. Zu jener Zeit soll auch Wiens bekannteste Hure, Josefine Mutzenbacher, ihren Tätigkeiten nachgegangen sein. Ihre “Memoiren” werden dem Schriftsteller Felix Salten zugeschrieben, jenem Autor, der auch das bekannte Kinderbuch “Bambi” schrieb. Entstanden sind diese “Memoiren” im Cafè Griensteidl am Michaelerplatz und wurden 1906 erstmals veröffentlicht. 1970 folgte dann die ebenso bekannte Filmreihe des österreichischen Regisseurs Kurt Nachmann.

Josefine “Pepi” Mutzenbacher soll ja 33.000 Liebhaber gehabt haben, darunter auch viele prominente Persönlichkeiten, und ist wohl ein fiktiver Charakter. Sie wuchs unter verarmten Umständen in Wien Ottakring in einer Zinskaserne auf, wie gleich zu Beginn dieser Publikation zu lesen ist:

“Wir wohnten ganz weit draußen in Ottakring, in einem damals neuen Hause, einer Zinskaserne, die von oben bis unten mit armen Leuten angefüllt war. Alle diese Leute hatten viele Kinder, und im Sommer war der Hof zu klein für ihre Schar. Ich selbst besaß zwei Brüder, die beide um wenige Jahre älter waren als ich. Mein Vater, meine Mutter, wir drei Kinder wohnten in einer Küche und einem Zimmer und hatten noch einen Bettgeher mit dazu.”

(“Bettgeher” waren Personen, die sich damals eine Schlafstelle für wenige Stunden mieteten, während der Wohnungsinhaber sie selbst nicht benötigte.)

Der Name Mutzenbacher bürgt seit jeher für Quantität und pornografische Qualität. Das – je nach Ausgabe – zwischen zweihundert und dreihundert Seiten starke Buch bietet ausschweifende Unsittlichkeiten en masse. Für gewöhnlich ein Merkmal frivoler Literatur sind die Punkte zwischen den Worten, explizit Ordinäres kommt jedoch unmissverständlich zur Sprache:

“Maria und Josef …, du tust mir weh …, so ein Schwanz so ein großer …, und so dick …, ah …, süß …, süß …, ah …, ah …, das ist ganz anders als wie sonst …, fest, nur fest …, das g’spür ich bis in die Dutteln herauf.

Sprachtheoretiker Oswald Wiener, ein Anhänger der Kleinschreibung, bezeichnete “Josefine Mutzenbacher” als den “einzigen so genannten pornografischen roman eines deutschsprachigen autors, den man zur weltliteratur rechnen muss“.

Der erste Weltkrieg



Die Zahl der Prostitution stieg stetig, vor allem in der Zeit des ersten Weltkrieges. Durch die Armut in den Jahren danach sahen sich immer mehr Frauen gezwungen, der Prostitution nachzugehen. Laut Polizeistatistik waren im Jahre 1920 rund 3300 Prostituierte in Wien tätig. Darunter 377 Beamtinnen, acht Offiziersfrauen sowie unzählige minderjährige Töchter von Ärzten und Stadträten.

Quellennachweise: film.at; diepresse.com;profil.at; Josefine Mutzenbacher:
oder Die Geschichten einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt.
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