Fiakermilli
Emilie "Fiakermilli" Turecek

Wiener Originale: Die Fiakermilli

//

Emilie Turecek war eine Volkssängerin und Lebedame und trat ab dem Jahre 1867 offiziell unter dem Namen “Fiakermilli” in Wien auf. Sie war die uneheliche Tochter von Anna Turecek und Michael Pemmer, die im Jahre 1848 in Böhmen geboren wurde. Nach der Hochzeit der Eltern trug sie den Namen Emilie Pemmer. Wie sie später den Weg nach Wien fand, ist unklar.

Einstieg in die Vergnügungsbranche

Wie etliche Mädchen aus ärmeren Verhältnissen versuchte auch Emilie Turecek ihren Lebensunterhalt in der Vergnügungsbranche zu verdienen. Obwohl es zu jener Zeit Frauen bis 1871 nicht gestattet war, als Sängerinnen aufzutreten, schaffte Turecek den Einstieg in die Szene der Fiakersänger. Bald schon war sie der beliebte Mittelpunkt von Fiaker- und Wäschermädelbällen. 

1867 tauchte in den Wiener Zeitungen erstmals der Künstlername “Fiakermilli” auf und sie spielte unter anderem in den “Thaliasälen” in Neulerchenfeld, in den “Dianasälen” in der Leopoldstadt und in den “Drei-Engel-Sälen” in der Wieden. Es war weniger das musikalische Talent der “Fiakermilli”, vielmehr sorgten ihre eher obszönen Texte und ihr hautenges Reiterkostüm für Aufsehen. Für dieses Kostüm benötigte Emilie Turecek damals eine polizeiliche Genehmigung, um damit überhaupt öffentlich auftreten zu dürfen.

Erfolgsjahre in der Leopoldstadt

Ab den 1850er-Jahren wurde das bekannte Tanzlokal “Zum Sperl” ein beliebter Treffpunkt aller Gesellschaftsschichten Wiens. Zum Sperl” wurde Emilies neues Zuhause und die Summen, die sie mit ihren dortigen Auftritten verdiente, waren sehr beachtlich. Ebenso beachtlich waren allerdings auch die Summen, die Emilie Turecek verschwendete. Damaligen Quellen zufolge spendete Turecek auch beachtliche Summen für wohltätige Zwecke. Doch auch mit dem Gesetz kam die “Fiakermilli” durch kleinere Raufereien immer wieder einmal in Konflikt. 

Laut damaliger Polizeiakte wurde Emilie Turecek als Prostituierte geführt. Ihre Verehrer sollen sie die “Venus von Wien” genannt haben. Inwieweit diese Tatsache der Wahrheit entspricht, ist nicht ganz klar. Im Oktober 1874 heiratete Emilie Turecek dann den Fiaker Ludwig Demel. Es war eine aufsehenerregende Zeremonie in der Nepomuk-Kirche im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Es sollen damals soviel Schaulustige erschienen sein, dass der Tramway-Verkehr auf der Praterstraße teilweise zum Erliegen kam. 

Karriere als Kutscherin

Emilie Demel widmete sich nach der Hochzeit dem Fuhrwerksunternehmen ihres Mannes. Schon bald wollte sie selbst Kutscherin werden, musste aber schon nach kurzer Zeit Konkurs anmelden. Immer noch trat sie nebenbei auf den Bühnen Wiens auf, ihre Spur verliert sich aber zunehmends. Über Emilie Demels Lebensende ist wenig bekannt, nur dass sie im Alter von erst 42 Jahren im Jahre 1889 an Leberzirrhose starb. Sie soll völlig verarmt gewesen sein und wurde in einem Schachtgrab in Dornbach beigesetzt. 

Im Nachruf des “Neuen Wiener Tagblattes” war 1889 über die “Fiakermilli” zu lesen:

 "Vor zwei Dezennien galt sie noch als die Meistumworbene, weil pikanteste und "rescheste" aus jener Schönheitsgalerie, die ihr Hauptquartier beim "Sperl" hatte, wo […] die Lebemänner der Residenz und Fremde sich einfanden. Die Summen, die ihr zu Füßen gelegt wurden, waren fabelhafte, aber noch größer jene, die sie verschwendete."

Fiakermilli – Liebling von Wien

Der “Fiakermilli” wurde später mit der Einlage in der Oper “Arabella” von Richard Strauss und Hugo von Hoffmannsthal ein Denkmal gesetzt. 1953 erschien zudem der FilmFiakermilli – Liebling von Wien” unter der Regie von Arthur Maria Rabenalt. Gertl Schörg verkörpert in dieser Musikkomödie die Rolle der “Fiakermilli”.

2016 widmeten sich Susanne Marik und Bèla Fischer in ihrem Programm “Fiaker-Milli – Erinnerungen an den Liebling von Wien” in einer stimmungsvollen Reminiszenz der Wiener Theatergeschichte. 

Quellenachweise: biographien.ac.at; geschichtewiki.wien.gv.at; anja-schmidt.at; 

Andrew Grimes

Andrew Grimes wurde in den siebziger Jahren in der Bundeshauptstadt Wien geboren. Schon in seiner Jugendzeit lauschte er gerne alten Musikstücken, interessierte sich für geschichtliche Ereignisse und erfreute sich am historischen automobilen Rennsport. Etwa 2015 begann sich seine Leidenschaft auch auf seine Lebensweise auszuwirken. Langsam änderten sich Interessen sowie Kleidungsstil, auch besuchte Andrew Grimes immer häufiger einschlägige Veranstaltungen der sogenannten Vintage-Szene.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Arschloch
Letzter Artikel

Des Oaschloch

Nächster Artikel

Magyarische Mythologie

Aktuelles aus Gesellschaft

Clara Bow

Das erste It-Girl der Welt

Auch wenn der Begriff “It-Girl” sehr modern erscheint, kam das erste It-Girl bereits vor 117 Jahren