Die Erfolgsgeschichte der Pockenimpfung

Pockenimpfung
Pockenimpfung-Szene aus dem Le Petit Journal Paris, 1905.

Als Pocken, auch Pockenkrankheit genannt, bezeichnet man eine für den Menschen gefährliche und lebensbedrohliche Infektionskrankheit. Durch ihre hohe Letalität zählt diese Krankheit zu den gefährlichsten für den Menschen. Typisch für Pocken ist die Bildung von kleinen Hautbläschen, die als Pocken oder Blatter bezeichnet werden, in deren Inneren sich anfangs Wasser und später Eiter ansammelt. 

Die erste Impfung, die es gab

Die Pockenkrankheit hat eine sehr lange Geschichte, sie war vermutlich schon etwa 1000 v. Christus bekannt und etwa im selben Zeitraum wurden hier in Indien bereits erste Variolationen durchgeführt. Erste bestätigte Dokumentationen über die ersten Pockenimpfungen stammen allerdings erst aus dem Jahre 1549. Ein chinesischer Arzt namens Wan Quan hat diese für uns heute eher ungewöhnliche Methode erfunden. Dem Patienten wurde dabei geriebener Pockenschorf in die Nase geblasen. Die daraus resultierende Immunität senkte die Letalität dramatisch. Die Impfung gegen Pocken war damit die erste Impfung gegen eine Infektionskrankheit in der Menschheitsgeschichte.

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Der lange Weg nach Europa

In Europa stand man dieser Krankheit bis zum Ende des 17. Jahrhundert machtlos gegenüber. Jahrtausendelang wurde hier die Menschheit von den Pocken geplagt, bis Anfang des 18. Jahrhunderts das Wissen aus dem fernen Osten langsam nach Europa gelangte. Der griechische Arzt Emanuele Timoni, der in Konstantinopel praktizierte, berichtet von der Methode der Inokulation oder Variolation: Man infizierte gesunde Kinder mit einer milden Form der Pocken. Dies geschah entweder, indem man sie mit Kindern, die einen milden Pockenverlauf hatten, zusammenbrachte, oder durch das Auftragen des Pustelinhaltes. Diese Methode wurde daraufhin allgemein als die “griechische Methode” bekannt.

Maria Theresia und die Impfung in Österreich

Maria Theresia hatte selbst drei Kinder durch Pocken verloren und trug maßgeblich dazu bei, den Weg für eine allgemein zugängliche Impfung zu ebnen. Als sie von der Methode der Inokulation erfuhr, ließ sie ein “Inokulationshaus am Rennweg einrichten. Dort konnte sich die Bevölkerung kostenlos impfen lassen. Die Variolation ist eine Infektion mit abgeschwächten menschlichen Pockenviren und birgt natürlich diverse Risiken für den Menschen. Die Todesrate durch die Impfung lag bei etwa 0,5 bis 3 Prozent, was noch immer wesentlich besser war als die Todesrate der natürlichen Pocken, die im Übrigen bei etwa 10 bis 30 Prozent lag.

Mit Ende des 18. Jahrhunderts machte der englische Arzt Edward Jenner eine neue Impfmethode bekannt: die Vakzination, die Impfung mit Kuhpocken-Viren. Kuhpocken sind für den Menschen ungefährlich und damit wurden die Risiken bei der Impfung minimiert. In Österreich führte der niederösterreichische Arzt Paskal Joseph Ferro Impfungen nach dieser Methode durch. Diese “englische Methode” fand in Österreich bald rasche Verbreitung und die Inokulation, also die “griechische Methode”, wurde schließlich verboten.

Pockenepidemie in Österreich

Bei der Pockenepidemie im Jahre 1800 wurde in Österreich erstmals eine Massenimpfung durchgeführt. Die Impfbereitschaft der Bevölkerung war damals immens groß und zeigte schnell Wirkung. Vier Jahre lang blieb Wien von einer weiteren Epidemie verschont, und in den ersten beiden Folgejahren starben nur fünf Kinder an den Pocken. Zuvor waren es bis zu 500 Kinder jährlich. Danach ließ die Impfbereitschaft wieder stark nach und die Behörden reagierten mit Impfkampagnen und Maßnahmenpaketen. Im Jahre 1808 kam es zur ersten Impf-Regulierung, die “Vorschriften zur Leitung und Ausübung der Kuhpocken-Impfung” von 1808 ist somit die erste Regelung für ein kontrolliertes Impfgeschehen. 

Aufgabe der damalige Ärzte war die Aufklärung des Volkes. Alles musste zudem genauestens dokumentiert werden. Priester wurden parallel dazu verpflichtet, bei Taufen Informationsbriefe an die Eltern zu verteilen. Die Vorschrift legte auch fest, dass jene, die sich nicht impfen ließen und kein Zertifikat vorweisen konnten, von Stipendien und öffentlich unentgeltlichen Erziehungsinstitutionen ausgeschlossen waren. Auch die “Zöglinge” in Waisenhäusern des Staates mussten geimpft werden. Es war also ein partieller Impfzwang vorhanden.

Ärzte, die besonders fleißige Impfer waren, erhielten einen Bonus in Form einer Bonuszahlung in Gulden. Sie wurden zudem besonders hervorgehoben und man berichtete damals über diese Ärzte auch in der “Wiener Zeitung”. Mit diesem Anreiz- und Sanktionsmechanismus erreichte man eine relativ rasche Durchimpfung der Bevölkerung. Das Vorhaben gelang also und die Pocken brachen im 19. Jahrhundert in Österreich nur mehr dann aus, wenn sie eingeschleppt wurde.

Die Einführung der Impfpflicht

Auch wenn in keiner bisherigen Regelung das Wort “Pflicht” vorkam, so waren dahingehend eindeutige Maßnahmen festgelegt worden, die einem Zwang gleichkommen. Kronprinz Rudolf führte dann erstmals 1886 eine Impfpflicht in der k.u.k. Armee ein. Alle Präsenzdiener mußten geimpft sein. Dies sollte verhindern, dass die Pocken bei Kriegshandlungen im Ausland wieder nach Österreich eingeschleppt werden. Im Jahre 1874 führte auch Preußen eine allgemeine Impfpflicht gegen die Pocken ein.

Der letzte in Österreich bekannte Fall einer Pockenerkrankung geht in das Jahr 1923 zurück und ereignete sich in Vorarlberg. Trotzdem wurde mit der Einführung der “Reichsrechtliche Vorschriften zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in der Ostmark” am 14. Juli 1939 eine allgemeine Impfpflicht verordnet. Deutsches Recht wurde zu österreichischem Recht und somit galt diese Pflicht auch in Österreich.

Nach dem Krieg wurde im Jahre 1948 das “Bundesgesetz über Schutzimpfungen vom 30. Juni 1948” eingeführt, das ebenfalls eine allgemeine Impfpflicht beinhaltete. Erst 1977 wurde aufgrund der weltweiten epidemiologischen Lage die Impfpflicht gegen Pocken in Österreich abgeschafft.

Die Pocken wurden ausgerottet

Im Jahre 1980 wurde die Pockenkrankheit offiziell durch die WHO als ausgerottet erklärt. Generationen, die bis etwa 1980 geboren wurden, haben daher heute die allgemein bekannte Narbe am Oberarm oder am Oberschenkel im Gesäßbereich. Damals verwendete man noch nicht die heute bekannten Spritzen, sondern sogenannte “Impfpistolen”. Diese verletzten die Haut durch kleine Schnitte und der Impfstoff wurde auf die dadurch entstandene Wunde aufgetragen. Danach schwoll diese kreisrunde Stelle an und bildete bei der Heilung eine kleine rauhe Delle in der Haut. 

Als weltweit letzter Mensch an Pocken verstarb die Britin Janet Parker im Jahre 1978 in Birmingham. Über Jahrtausende kämpfte die Menschheit gegen die Pocken und besiegte sie letztendlich. Deshalb müssen unsere Kinder auch nicht mehr gegen Pocken geimpft werden, denn das ist die Erfolgsgeschichte einer Impfung. 

Das Pockenvirus existiert noch

Auch wenn diese Krankheit seit 1980 als ausgerottet gilt, offiziell existiert das Virus noch in zwei Laboratorien der Welt. Es wird auch weiterhin an einem neuen und besseren Impfstoff geforscht und aktuell gibt es auch einen zugelassenen Impfstoff gegen die Pockenkrankheit. 

Nachdem nämlich die natürliche Verbreitung der Pocken eliminiert wurde, rückte das Virus als mögliche Methode eines Biowaffenanschlags wieder in den Mittelpunkt. Durch einen Unfall oder einen Terrorangriff könnte der tiefgefrorene Erreger wieder freigesetzt werden und sich rasant ausbreiten. 

Quellennachweise: science.orf.at; apotheker.or.at; spektrum.de; spiegel.de; fda.gov; sueddeutsche.de
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