Die letzte Frontlinie bei St. Pölten

Soldatenfriedhof 2. Weltkrieg
Photo: Valdas Miskinis, Pixabay

Am 22. Juni 1941 eröffnete Adolf Hitler mit dem “Unternehmen Barbarossa” den Deutsch-Sowjetischen-Krieg. Die Umsetzung dieses Unternehmens scheiterte jedoch schon wenige Monate später, nämlich im Dezember 1941 bei der “Schlacht um Moskau. Die “Rote Armee” nahm überhand und es folgte vier Jahre lang ein totaler Krieg, der über 20 Millionen Soldaten und Zivilisten das Leben kostete. Die Kämpfe, die mit dem “Unternehmen Barbarossa” begonnen hatten, endeten schließlich am 9. Mai 1945 mitten in Niederösterreich.

Der Durchbruch bei der Traisen

Am 13. April 1945 erreichten die sowjetischen Spitzen die Traisen, stießen am 14. April bei Herzogenburg durch und besetzten die Stadt kampflos. Es folgte weiters ein Angriff auf die Stadt Sankt Pölten, welche am 15. April nach nur wenigen Stunden gefallen war. Im Nordwesten wurde zeitgleich der Kremser Brückenkopf angegriffen. Die Sowjets errichteten in den darauffolgenden Tagen einen Puffer westlich der Stadt. Damit bildete sich die letzte Hauptkampflinie zwischen dem Dunkelsteiner Wald bei Karlstetten und dem Pielachtal bei Hofstetten-Grünau.

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Die Hauptkampflinie bei St. Pölten

Die Hauptkampflinie bei der niederösterreichischen Landeshauptstadt lässt sich in drei Abschnitte einteilen: St. Pölten, Wachtberg und Pielachtal. Der Frontabschnitt “St. Pölten” war eine etwa zehn Kilometer lange Linie, die etwa fünf Kilometer westlich der Stadt entfernt lag. Sie verlief von Karlstetten im Norden über Gerersdorf im Westen bis nach Obergrafendorf im Süden. Der nördliche Frontabschnitt “Wachtberg” begann südlich des Wölbinger Beckens bei Obritzberg und umfasste den gesamten Wachtberg, der bei Karlstetten endet. Der südliche Frontabschnitt “Pielachtal” begann damals etwa bei Obergrafendorf und reichte bis zur Meiselhöhe nördlich von Eschenau.

Am 16. April 1945 schoben die Sowjets die Front im Nordosten nach Mamau, wo sie auf harte Gegenwehr der Waffen-SS stieß. Diese konnte für lange Zeit Widerstand leisten, bis sie sich nach Karlstetten absetzen konnten. Am 17. April fiel die Ortschaft Gerersdorf und die Front wurde damit erweitert. 

Weiters legten die sowjetischen Kräfte ihr Augenmerk auf den Kremser Brückenkopf, dessen Zugriff ihnen aber verwehrt blieb. So widmeten sie sich wieder dem südlichen Frontabschnitt. Im Raum Wölblinger Becken stießen die Sowjets immer wieder auf heftige Gegenwehr, und da die westliche Front um St. Pölten fast zum Stillstand gekommen war, begann dort ein regelrechter Stellungskrieg. 

Letztendlich drang die Rote Armee an den Rand des Dunkelsteiner Waldes vor und nahm Schloß Goldegg (Neidling) unter Beschuss. Wenige Tage zuvor war hier nämlich noch das Hauptquartier der 6. SS-Panzerarmee stationiert. 

Der Kampf um den Wachtberg

Der Wachtberg teilt das Sankt Pöltner Becken und das Wölblinger Becken und ermöglicht eine weitreichende Beobachtung auf allen Seiten. Natürlich war dieses Gelände stark umkämpft und Obritzberg und Karlstetten wurden gegen Ende des Krieges zur Hauptkampfzone.

Der Kampf um Obritzberg-Landhausen begann am 16. April 1945. Kurz nachdem die sowjetische Armee Landhausen genommen hatte, folgte ein Gegenangriff der Wehrmacht, welchen die “Russen” vorerst abwehren und so nach Obritzberg vorstoßen konnten. Noch bevor die Rote Armee sich einrichten konnte, folgte ein weiterer Angriff der Deutschen. Mit Flugzeugen und Panzern nahm die Wehrmacht den Ort Obritzberg zurück. Am Folgetag, den 17. April, griffen die Sowjets abermals an und warfen die deutschen Soldaten bis Winzing zurück. Aber auch hier gelang es den russischen Soldaten nicht, sich einzurichten und es folgte ein weiterer Blitzangriff der Deutschen. Knapp drei Wochen war Obritzberg schwer umkämpft.

Alte Scheune in Karlstetten mit Einschüssen der Sowjets; Photo: Der Nostalgiker

Karlstetten wurde bereits am Vormittag des 15. Aprils 1945 zum Ziel der sowjetischen Artillerie. Infolgedessen richtete eine Kompanie der Waffen-SS zur Verteidigung eine Funkstation im Kirchturm von Karlstetten ein. Ohne den Besitz des Wachtberges konnte Karlstetten nicht richtig angreifen, da der Ort etwas erhöht liegt und eine freie Fläche von rund einem Kilometer nicht schadlos zu überwinden gewesen wäre. Angriffe von Schaubing, Untermamau und Obermamau konnten von den Deutschen sehr gut abgewehrt werden. Und um den Wachtberg zu nehmen, fehlten den Sowjets entscheidende Kräfte.

Die letzten drei Wochen des Krieges lag Karlstetten somit unter Dauerbeschuss der Roten Armee. Es starben unzählige Soldaten, und auch die Todeszahl bei Zivilisten war in Karlstetten durch das Dauerfeuer sehr hoch. Sämtliche Gebäude wurden durch den schweren Artilleriebeschuss stark beschädigt, Scheunen brannten ab und Häuser stürzten ein. Die Bewohner aus Karlstetten verbrachten also die letzten Kriegstage vorwiegend in ihren Kellern. 

In der Nacht zum 8. Mai 1945 erhielten die deutschen Einheiten den Befehl zum Rückzug. Kurz darauf führten sie diesen Befehl auch aus und die Sowjets setzten zum letzten Mal ihre Geschütze ein, um Obritzberg und Karlstetten zu übernehmen.

Erinnerungslandschaft

In St. Pölten und den umliegenden Ortschaften gibt es mehrere Gedenkstätten und auf sämtlichen Friedhöfen der Gegend befinden sich Soldatengräber. Am St. Pöltner Stadtfriedhof befinden sich noch heute unzählige Soldatengräber (Link zum Soldatenfriedhof) von gefallenen deutschen und sowjetischen Soldaten. Auch einige Opfer des Holocaust erhielten dort ihr Ehrengrab.

Quellennachweise: de.wikipedia.org; geheimprojekte.at; truppendienst.com; denkmalprojekt.org
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