Herrenmode im Wandel

Junger Mann

Die Mode wandelt sich stetig, mal mehr, mal etwas weniger. Wir würden meinen, die Herrenmode verändert sich eher weniger, zaghafter und in kleineren Sprüngen. Einen ungewöhnlichen Wandel erfuhr die Herrenmodebranche gegen Ende der 1950er-Jahre. Bisher hielt die Modeindustrie an traditionellen und klassischen Schnitten und Farben fest, dies sollte sich jedoch im Jahre 1958 ein wenig ändern.

Herrenmodewoche 1958

Einigen damaligen Berichten zufolge traf sich im Jahre 1958 die Modeindustrie (Konfektion) zur Herrenmodewoche in Köln. Hersteller aus halb Europa waren angereist, um die diesjährigen Kollektionen vorzustellen. Männliche Mannequins präsentierten Anzüge aus verschiedenen Ländern. Frankreich war vorsichtig zurückhaltend und zeigte doch neuartige Schnitte, hingegen wirkten die finnischen “Dressmen” übertrieben modisch und bunt. Die Engländer erschienen streng korrekt, sorgten aber mit der neuen “Trapezlinie” für manch Aufsehen.

Die Modebranche war sich jedoch einig: In der Herrenmode sind keine so großen Sprünge möglich wie man es aus der Damenmodewelt gewohnt war. Zudem waren die Herren der Schöpfung auch leicht schreckhaft und kein Mann wollte aus modischer Sicht aus der Reihe tanzen (wir denken, das gilt auch heute teilweise noch). 

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Nervöses Hüsteln

Das weinrote Sakko oder der sportliche Raglanmantel in Wickelform mit schmalem Bindegurt wurden diplomatisch begutachtet. Es war den Herrschaften wohl zu schrill, zu bunt, zu ungewohnt. So machte sich auch ein nervöses Hüsteln breit, als England seine revolutionäre Trapezlinie oder auch Glockenlinie präsentierte. Für Kopfschütteln sorgte in jedem Fall ein Nylonregenmantel mit Pelzkragen aus Frankreich. Aber nach und nach kam man zur Erkenntnis, der moderne Adam könne nach Belieben vormittags in einer orangefarbenen engen Hose, nachmittags im graubraunen Cheviotanzug mit grünen und roten Bandstreifen und abends im goldbraunen Smoking erscheinen.

Weitere interessante Vorschläge lieferten damals beispielsweise auch die Schweizer. Dort waren Sport-Kombinationen wieder im Trend. Zum Drei-Knopf-Veston in Piet-de-Poule-Musterung mit Rückenschlitz und gesteppten Kanten kombinierte man eine umschlaglose Hose in bräunlichem Changeant. Die Finnen präsentierten einen Duffle-Coat aus Loden – dieser sollte später noch ein Modeschlager werden. Deutschland zeigte elegante einreihige Fresko-Anzüge mit hellen Streifen und hochgestellter Knopfstellung, bei der übrigens beide Knöpfe geschlossen werden, dazu eine hellbraune Seidenweste mit Perlmuttknöpfen.

Zusammengefasst kristallisierte sich bei dieser Herrenmodewoche folgendes heraus.

  • Bevorzugung von leichten Stoffen
  • Lockere Verarbeitung, Watte in den Schulter war verpönt
  • Schlanke gestreckte Linie
  • abgerundete Schultern
  • schmaleres Reverse
  • engere Hosen ohne Aufschlag

Wie wir heute wissen wurden einige seinerzeit präsentierte Vorschläge später zum Erfolg. Der Duffle-Coat wurde zum Verkaufsschlager und auch die “Glockenlinie” der Briten wurde etwas später zu einer Modebewegung einer ganzen Generation.

Glockenanzug
BILD 1

BILD 1: Der revolutionäre Vorschlag Englands: Ein Anzug in der Trapez- oder auch Glockenlinie.

Glockenmantel
BILD 2

BILD 2: Ebenfalls aus England – ein Mantel in Trapezlinie. Glockige Weite im Rücken, die durch einen verstellbaren Riegel zusammengefasst wird. Auch die Ärmel sind glockig.

Sportliches Jackett
BILD 3

BILD 3: Vier Knöpfe an der Vorderfront sah man schon Jahrzehnte nicht mehr. Ab jetzt sollten sie in Verbindung mit breiten, aber kurzen Kragen besonders sportlich an jungen Personen wiederkehren.

Klassischer Anzug
BILD 4

BILD 4: Aber auch der dezent konservative Anzug verliert zum Glück nicht an Bedeutung. Dieser leichter Anzug aus blauem Kammgarn mit Mohair zeigt typische Aspekte der neuen Linie – abfallende Schultern und schmales Reverse.

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