Wiener Originale: Leopold Hawelka

Leopold Hawelka
Leopold Hawelka und das Cafè Hawelka; Photo: Bildarchiv Austria

Mit “Jö schau! So a Sau! Jössas na! Wås måcht a Nockata im Hawelka?” besang der österreichische Liedermacher Georg Danzer im Jahre 1975 das Wiener Kaffeehaus Hawelka. Aber nicht nur das Cafe Hawelka ist stadtbekannt, auch der Gründer und ehemalige Inhaber “Leopold Hawelka” ist ein Wiener Stadtoriginal. Der gebürtige Kautendorfer erblickte im Jahre 1911 das Licht der Welt und zog im Jahre 1925 nach dem Abschluss der Bürgerschule nach Wien.

Lehrjahre als Kellner

Dort begann er im Restaurant “Paul Deierl” mit einer Kellnerlehre und ging danach auf Saisonjahre nach Bad Gastein. 1933 kam er wieder zu “Deierl” zurück und lernte später seine zukünftige Frau Josefine Danzberger kennen. Im Jahre 1936 heirateten die beiden und eröffneten zwei Tage nach der Hochzeit das “Kaffee Alt Wien” in der Bäckerstraße 9. Das junge Ehepaar hatte nicht viel, ebenso auch keine Wohnung und so wohnten die beiden vorerst im “Kaffeekammerl” des Kaffeehauses. Ihr neues Kaffeehaus entwickelte sich so prächtig, dass sie schon drei Jahre nach der Eröffnung desselben ein anderes Lokal eröffnen wollten. 

Es ergab sich die Gelegenheit, das “Kaffeehaus Karl L”, vielfach auch als “Cafè Ludwig” bekannt, günstig zu erwerben. Das im Jugendstil eingerichtete Kaffeehaus in der Dorotheergasse 6-8 bestand aus einem großen Raum und einem “Chambre separee”. Die Gründung dieses Hauses geht auf das Jahr 1906 zurück, dort befand sich ursprünglich die “Chatham-Bar”, die wegen ihres Separee von den Wienern “Je-t’aime-Bar” genannt wurde.

Tatsächlich stand das “Cafè Ludwig” zur “Arisierung”, weil der jüdische Besitzer nach dem Anschluss Österreichs spurlos verschwand. Daraus ergab sich vermutlich der günstigere Kaufpreis. Die Familie Hawelka führte das Kaffeehaus unter dem bisherigen Namen weiter. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, schlossen die Hawelkas ihr Cafè. Leopold Hawelka wurde 1940 von der Wehrmacht in den Kriegsdienst eingezogen, überstand den Krieg aber unbeschadet. 

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Die Geburt des Cafè Hawelka

Während rundherum alles in Wien in Schutt und Asche lag, blieb das kleine Kaffeehaus unbeschädigt. Schon im September 1945 eröffneten Leopold und Josefine Hawelka ihr neues Kaffeehaus unter dem später legendär gewordenen namen “Hawelka”. Anfangs wurde der “Ersatzkaffee” in der Küche auf einem Kanonenofen gekocht. Das Holz dafür musste Leopold Hawelka vom weit entfernten Lainzer Tiergarten holen.

In den ersten Nachkriegsjahren wurde das Kaffeehaus immer bekannter und beliebter, zumal sich das Publikum anfänglich noch aus Pensionisten, Händlern und aus ehemaligen Aristokraten zusammensetzte. Im “Hawelka” gab es zu jener Zeit auch Feigenkaffee, Alkohol und Zigaretten. Diese Waren wurden freilich über Schleichhändler herangeschafft.

Leopold Hawelka empfing seine Gäste stets persönlich und sorgte auch dafür, dass seine beiden Kinder Herta und Günter, die im Lokal aufgewachsen sind, stets freundlich grüßten und die Gäste nicht störten. Er sorgte jedoch auch für den nötigen Anstand, denn Herren durften damals keine Damen im Kaffeehaus ansprechen, sonst bekamen sie Lokalverbot.

Wohnzimmer für die Avantgarde-Szene

Ab den 1960er-Jahren etablierte sich das kleine Kaffeehaus zum Künstlertreff der heimischen Avantgarde. Bekanntheiten wie Helmut Qualtinger, Oskar Werner und Friedensreich Hundertwasser marschierten ein und aus. Das “Hawelka” war sozusagen zu ihrem zweiten Wohnzimmer geworden. Auch Georg Danzer war ein gern gesehener Gast und sang später das eingangs erwähnte Lied “Jö schau”. Inspiriert wurde Danzer durch den Nackt-Besuch im “Hawelka” von Marcel Houf, tschechisch-österreichischer Künstler. In Folge dieses Auftritts im “Hawelka” wurde Houf in die Psychiatrie eingewiesen. 

Griass Eich – suachts eich a Platzerl, der Zug fährt ab!”, so begrüßte Leopold Hawelka mit seinem unverkennbaren Wiener Schmäh so manche Gäste. Auch kam ihm schon einmal ein Schmunzeln über die Lippen, wenn Touristen wieder einmal einen modernen “Latte Macchiato” bestellten. Freundlich wies er dann darauf hin, dass dies bei uns “Wiener Melange” heisse.

Eine weitere Eigenheit des Hauses – wollte man eine Speisekarte, dann hatte man gefälligst dem Kellner zu lauschen, denn dieser zählte alle Möglichkeiten von Tee, Kaffee, Bier und Mehlspeisen auf, auch Debreziner, Frankfurter und Schweinsbraten gab es. Da suchte man sich dann gerne etwas aus. Vergeblich suchte man Sonntags ein Frühstück, das gab es an jenem Tage nämlich nie.

Seine Frau Josefine, die sich all die Jahre immer um die Finanzen und die administrativen Dinge gekümmert hatte, bot täglich ab 22 Uhr ihre böhmischen Buchteln an. Diese selbst gemachte Mehlspeise schaffte es ebenfalls zum Legendenstatus.

Schicksalsschlag und Lebensabend

Im März 2005 verstarb Josefine Hawelka im Alter von 91 Jahren. Immer mehr wuchs Sohn Günter in die Rolle des Unternehmers und kümmerte sich nach dem Tod seiner Mutter um die täglichen Buchteln. Herta Hawelka trat nach einem Familienstreit ihre Anteile an den Bruder ab und so übernahm Günter Hawelka das Kaffeehaus irgendwann an der Seite seines Vaters. Leopold Hawelka blieb bis zuletzt der Chef und war auch täglich im Kaffeehaus anwesend – außer Dienstag, da ist Ruhetag. Auch seine beiden Enkelkinder, Michael und Amir, arbeiteten schon bald im großväterlichen Betrieb mit. 

Enkel Michael Hawelka sagte in einem Interview im Jahre 2010, dass sein Großvater Änderungen und Modernisierungen in seinem Kaffeehaus gegenüber nicht sehr aufgeschlossen sei. Im Originalton vom Alt-Cafetier klang das so: ”Der Kaffee wär’ ned besser, wenn das Lokal moderner wär”. Auch das Tabakgesetz von 2010 machten dem alten Hawelka zu schaffen und das Rauchverbot war ihm zuwider. So gab er täglich die Anweisung alle Tische mit Aschenbechern zu bestücken – “Ein Zigaretterl zum Kaffee kann man den Wienern nicht verbieten.

Der Feier zu seinem 100. Geburtstag konnte Leopold Hawelka nicht mehr beiwohnen, zu schwach war er mittlerweile geworden. Am 29. Dezember 2011 starb er in seinem 101. Lebensjahr. Er wurde am Heiligenstädter Friedhof zu Grabe getragen und ruht dort in der Abteilung A, Gruppe M, in Grab Nummer 27 neben seiner Gattin.

Quellennachweise: wien.orf.at; hawelka.at; lokalfuehrer.stadtbekannt.at; derstandard.at
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